Ludwigsplatz in Rosenheim: Städtebauliche Aufwertung des öffentlichen Raumes in Rosenheim, Ludwigsplatz
© SEP Bauer & Deby, München

Barrierefreiheit in Städtebau und Städtebauförderung

Unser Ziel ist es, allen Menschen die umfassende und selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen - unabhängig von Alter, Art oder Umfang eines Handicaps. Dem öffentlichen Raum kommt dabei eine besonders wichtige Aufgabe zu. Deshalb unterstützen wir die bayerischen Städte und Gemeinden, wenn sie ihre Straßen, Plätze und Gebäude für alle Menschen zugänglich und nutzbar machen.

Aufgrund der demografischen Veränderungen unserer Gesellschaft gewinnt das Thema Barrierefreiheit zusätzliche Bedeutung. Insbesondere ältere Menschen sind auf geeignete Rahmenbedingungen angewiesen, um möglichst lange selbständig leben und ihre alltäglichen Bedürfnisse erfüllen zu können.

Zur Planung von barrierefreien Wegen, Straßen und Plätzen sowie von öffentlichen Verkehrs- und Grünanlagen wurde 2014 eine neue Norm zur Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehrs- und Freiraum veröffentlicht. Sie stellt den dritten und letzten Teil der DIN-Reihe 18040 'Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen' dar. Neben Regelungen zur barrierefreien Gestaltung des Straßenraums, beinhaltet sie auch Anforderungen an Grün- und Naturraum sowie den Öffentlichen Personennahverkehr.

Zu den wesentlichen Neuerungen  von DIN 18040 Teil 3 gegenüber der Vorgängernorm zählt die Einführung des bereits in den beiden ersten Teilen der DIN-Familie umgesetzten sogenannten Zwei-Sinne-Prinzips als grundlegendes, stets zu beachtendes Planungsprinzip. Alle Informationen sind so zu übermitteln, dass immer mindestens zwei der drei Sinne 'Sehen', 'Hören' und 'Fühlen' (Tasten)  angesprochen werden. Daneben werden die zu betrachtenden Sinne um den Bereich der 'kognitiven Beeinträchtigungen' erweitert. Dies ist von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die älter werdende Gesellschaft mit einer steigenden Zahl an demenzkranken Menschen.

Hilfreich ist die weitere Neuerung in Form des sogenannten Performance-Konzepts: Statt einer feststehenden Regelung ist an vielen Stellen der Norm ein Schutzziel formuliert. Eine beigeordnete Beispiellösung veranschaulicht eine mögliche Umsetzung, die dem Ziel gerecht wird. Dies ermöglicht auf den Einzelfall angepasste Lösungen, welche die Anforderungen von Menschen mit Behinderung umfassend berücksichtigen und gleichzeitig den spezifischen Problemen des jeweiligen Ortes gerecht werden.

Die Arbeitshilfe „Barrierefreies Bauen - 03 Öffentlicher Verkehrs- und Freiraum“, herausgegeben von der Bayerischen Architektenkammer, gemeinsam mit den Bayerischen Staatsministerien für Wohnen, Bau und Verkehr sowie für Familie, Arbeit und Soziales, bietet Hilfestellung bei der barrierefreien Planung des Öffentlichen Verkehrs- und Freiraums nach DIN 18040 Teil 3. Mit praxisnahen Beispielen und anschaulichen Graphiken werden die Anforderungen an das barrierefreie Bauen erläutert. Sie kann kostenfrei unter www.bestellen.bayern.de bezogen werden.

Die Umsetzung der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ist insbesondere für die Städte und Gemeinden eine große Herausforderung. Die ehemalige Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat deshalb den Leitfaden 'Die barrierefreie Gemeinde' erarbeitet. Dieser basiert auf den Ergebnissen eines gleichnamigen Modellvorhabens.

Cover des Leitfadens 'Die barrierefreie Gemeinde'
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Der Leitfaden gibt den Städten und Gemeinden eine Hilfestellung, systematisch örtliche Barrieren abzubauen. Er gibt Hinweise zur fachlichen Erarbeitung und stellt übertragbare Ansätze für häufige Fragestellungen zur Verfügung. Ziel ist die Erarbeitung eines individuellen gemeindlichen Aktionsplans zur Umsetzung von Barrierefreiheit. Dabei handelt es sich um städtebauliche Konzepte, die den örtlichen Handlungsbedarf abbilden. Sie umfassen keine Detailplanungen von Einzelmaßnahmen. Sie stellen jedoch sicher, dass im Rahmen einer sukzessiven Umsetzung alle späteren Einzelprojekte sinnvoll ineinandergreifen und möglichst durchgängige barrierefreie Wegeverbindungen im öffentlichen Raum geschaffen werden können. Isoliert liegende, vereinzelte Ideallösungen sind für Betroffene oftmals keine Hilfe. Barrieren sollten zudem vorrangig in Bereichen abgebaut werden, wo hohe Frequenzen vorliegen oder Wahlmöglichkeiten zur Nutzung anderer Angebote fehlen.

Titelseite des Leitfadens "Bürgerbeteiligung im Städtebau"
© StMB

Erfolg und Akzeptanz eines Projekts zur Verbesserung der Barrierefreiheit hängen wesentlich von einem gelungenen Dialog bei der Erarbeitung und Umsetzung ab. Häufig treffen unterschiedliche Sichtweisen und Interessen der verschiedenen gemeindlichen Akteure aufeinander. Lösungsansätze müssen von Anfang an konstruktiv gemeinsam entwickelt werden. Nur so lassen sich alle Belange möglichst weitgehend berücksichtigen. In praktischen Übersichten sind im Leitfaden mögliche Beteiligungsformen in den verschiedenen Phasen des Planungsprozesses und der Umsetzung sowie eine beispielhafte Liste der zu beteiligenden örtlichen Akteure zusammengestellt. Weitere Informationen zum Thema Bürgerbeteiligung entnehmen Sie bitte der Themenseite „Bürgerbeteiligung im Städtebau“.

Cover des Werkberichts 'Die barrierefreie Gemeinde'
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Alle Aktionspläne der Modellgemeinden werden im Werkbericht dokumentiert. Dieser stellt die wesentlichen Aspekte der sechzehn Arbeiten, die individuellen Schwerpunktsetzungen und Besonderheiten vor. Beide Publikationen können über das Broschüren-Bestellportal der Bayerischen Staatsregierung kostenlos bezogen werden. Zudem stehen barrierefreie PDF-Dateien zum Download bereit.

Cover der Ausstellung 'Die barrierefreie Gemeinde'
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

In der Ausstellung 'Die barrierefreie Gemeinde' des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr werden die wesentlichen Inhalte des Leitfadens und des Werkberichts allgemeinverständlich und übersichtlich dargestellt. Die Ausstellung ist als Modulsystem angelegt und besteht aus 18 Bannern zum Aktionsplan 'Die barrierefreie Gemeinde', 33 Bannern zum Modellvorhaben sowie 3 einleitenden Informationsbannern. Um das Thema 'Barrierefreiheit im öffentlichen Raum' allgemein bewusst zu machen, ist ein hoher Grad an aktiver Öffentlichkeitsbeteiligung und Bürgerinformation notwendig. Aus diesem Grund kann die Ausstellung für Veranstaltungen oder zur Unterstützung im Rahmen der örtlichen Öffentlichkeitsarbeit kostenfrei ausgeliehen werden.

Gerade in historischen Stadtbereichen oder bei alter Bausubstanz stellt Barrierefreiheit eine besondere Herausforderung dar. Die Städtebauförderung wird die bayerischen Kommunen bei dieser wichtigen Zukunftsaufgabe weiterhin unterstützen. Für alle Fördergemeinden gilt, dass bauliche Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren grundsätzlich im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel mit Mitteln der Städtebauförderung unterstützt werden können - vorausgesetzt, die Maßnahmen liegen in einem städtebaulichen Erneuerungsgebiet und dienen den städtebaulichen Erneuerungszielen. Weitere Informationen sowie fachlich kompetente Ansprechpartner mit langjähriger Erfahrung und Kenntnis der Situation vor Ort erhalten Städte und Gemeinden an den sieben Bezirksregierungen (Sachgebiet 34 – Städtebau). Aufgrund der Bündelungsfunktion als staatliche Mittelbehörden können die Regierungen umfassend und ressortübergreifend zu den verschiedenen Fördermöglichkeiten beraten.

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